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Interview mit Pierre-Yves Benzaken, Helvetia Specialty Lines

Pierre-Yves Benzaken, Leiter IT-Services Specialty Lines CH & International Helvetia Versicherungen

Pierre-Yves Benzaken ist Leiter IT-Services Specialty Lines CH & International bei den Helvetia Versicherungen in Basel. In dieser Rolle verantwortet er den reibungslosen Betrieb und Ausbau der Applikationen und Infrastruktur der Specialty Lines. Martin Nokes durfte das Interview mit ihm führen.

 

Lieber Herr Benzaken, Sie haben vor wenigen Jahren von einer Bank zu der Helvetia, also einer Versicherung, gewechselt. Was ist Ihnen dabei aufgefallen? Was sind Gemeinsamkeiten, wo liegen die Unterschiede?

Banken, wie Versicherungen, bewegen sich in einem extrem dynamischen Umfeld, in dem Fusionen oder Übernahmen von Wettbewerbern häufig sind, sich regulatorische Vorschriften ändern und aufgrund des Marktes Produkte regelmässig erweitert bzw. neu lanciert werden müssen. Diese Dynamik zwingt Finanzinstitute zu Agilität, was einen großen Einfluss auf ihre Informationstechnologiestrategie hat.

Im Allgemeinen haben die Banken diese Änderung seit den Jahren 1990-2000 besser antizipiert. Sie befanden sich eher auf dem neuesten Stand der Informatik. Die Versicherungen haben inzwischen aber aufgeholt und befinden sich auf einem technologischen Niveau, das mit demjenigen der Banken vergleichbar ist.

 

Sie sind beim Geschäftsbereich Specialty Lines für die IT zuständig. Wie können Sie mittels IT den Geschäftsbereich unterstützen? Was sind Ihre langfristigen Ziele?

Bei Specialty Lines bieten wir Engineering-, Kunst-, Transport- und seit Kurzem Luftfahrtversicherungen an. Hierbei handelt es sich nicht um standardisierte Massenprodukte, sondern um hochspezialisierte Versicherungen, die hauptsächlich Firmenkunden angeboten werden.

In diesem hochspezialisierten Geschäft stehen die Expertise und das Wissen unserer Underwriter beim Gestalten von Versicherungspolicen im Mittelpunkt. Unsere Aufgabe bei IT-Services ist es, IT-Lösungen anzubieten, die die Arbeit unserer Underwriter unterstützen. Die Lösungen müssen Routineaufgaben automatisieren, den Underwritern dort aber Flexibilität und Gestaltungsfreiraum geben, wo sie ihn brauchen, um auf die Kunden einzugehen. Eine Vollautomatisierung ist im Geschäft der Specialty Lines unrealistisch bzw. wäre sie kontraproduktiv.

Unser langfristiges Ziel ist es, Lösungen anzubieten, die einerseits die Arbeit unserer Underwriter erleichtern, andererseits die Einhaltung der Arbeitsprozesse unterstützen und gewährleisten.

 

Consor Universal wurde bei Helvetia Specialty Lines vor 1.5 Jahren eingeführt. Wie unterstützt Universal die Erreichung dieser Ziele?

Der grosse Vorteil von Consor Universal ist, dass wir komplexe Produkte selbst modellieren können. Software-Entwickler sind nicht erforderlich – unsere Business Analysten können die Produkte selbständig definieren und erweitern.

Universal dient nicht nur dem Erfassen und Anlegen von Kundenverträgen, sondern ist vollständig in die IT-Umgebung der Helvetia integriert. Universal hat Schnittstellen zu allen unseren Kernsystemen, einschließlich zu SAP FS-RI (und indirekt zu SAP FS-CD), um die Verarbeitung und Speicherung von Daten, aber auch die Verbuchung der Prämien zu automatisieren.

In letzter Zeit haben wir auch zusätzliche Frontend-Komponenten entwickelt, die Universal als Backend-System verwenden. Consor unterstützt uns hierbei jeweils durch die Implementierung von kundenspezifischen Erweiterungen, um den Datenaustausch zu ermöglichen – sei es über ein REST-API oder via Apache Kafka.

 

Die IT der Specialty Lines arbeitet sehr agil, so werden z. B. neue Software-Releases (fachliche und technische) monatlich in der Produktion live geschaltet. Die Prioritäten werden laufend den Bedürfnissen angepasst. Wo sehen Sie dabei Vorteile oder allenfalls Nachteile?

Wir haben das Glück, sehr kurze Kommunikationswege zwischen dem Specialty Lines Management und meinem Team, IT Services, zu haben. Erst dies ermöglicht es uns, sehr agil zu sein und den Inhalt unserer Releases schnell an die Bedürfnisse und Wünsche unserer Kunden anzupassen.

Natürlich braucht es für hierfür auch die entsprechende Organisation. Wir treffen uns entsprechend regelmässig im Projektführungsteam, das sich aus den Leitern der verschiedenen Bereiche von Specialty Lines zusammensetzt. Dabei wird jeweils der Inhalt zukünftiger Releases diskutiert und abgestimmt.

 

Sie setzen Universal als Frontend System und SAP als Backend System ein. Wo sehen Sie Vorteile oder allenfalls Nachteile in diesem Zusammenspiel?

Die Herausforderung dieser Konstellation ergibt sich aus den sehr unterschiedlichen Strukturen der beiden Systeme. Die Datenbankmodelle, aber auch die von diesen beiden Anwendungen verwendeten Codes, sind naturgemäss anders. Es war sehr anspruchsvoll, eine Kommunikationsschnittstelle zu definieren, über die Daten von Universal mit SAP FS-RI ausgetauscht und transformiert werden können. Dem Mutigen gehört aber die Welt!

Konkret haben wir die Herausforderung so gemeistert, dass wir mit Unterstützung von Consor und des SAP-Teams von Helvetia einen Webservice implementiert haben, über den jede Art von Geschäft (Offerte, Police, Zertifikat usw.) an SAP übertragen werden kann.

So profitieren wir nun einerseits von einer dynamischen, flexiblen Umgebung für alle unsere Bedürfnisse (Universal), andererseits aber auch von einem stabilen, verlässlichen System, das nahtlos in die Helvetia-Umgebung (SAP und weitere Kernsysteme) integriert ist.

 

Sie führen unter anderem ein Team, welches für die Betreuung und den Ausbau von Consor Universal zuständig ist. Aus welchen Rollen/Funktionen setzt sich das Team zusammen? Gibt es Beispiele für kürzlich lancierte Neuerungen?

Mein Team besteht aus Projektmanagern und Business Analysten.

Im Oktober dieses Jahres haben wir ein neues Produkt eingeführt: Waren für unsere Transportversicherung in Europa. Das Äquivalent für die Schweiz wird im ersten Halbjahr 2020 eingeführt.

Ausserdem haben wir kürzlich begonnen, Rechnungen automatisch zu drucken und zu versenden, indem wir Universal mit dem zentralen Druckservice von Helvetia verbunden haben.

 

Vielen Dank für das Interview, Herr Benzaken.

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