Interview mit CEO Ruedi Wipf zum 10-jährigen Jubiläum

Ruedi Wipf ist bereits seit 10 Jahren CEO von Consor. Diesen Meilenstein nehmen wir zum Anlass, einmal die Fragen zu stellen, die im hektischen Arbeitsalltag oft zu kurz kommen.

 

Ruedi, warum hast du dich in 2015 entschieden, zu Consor zu gehen?

Ich bin als Nachfolger des Gründers, als neuer Investor und gleichzeitig CEO zu Consor gestossen. Eine besondere Situation.

Ich suchte damals explizit eine mittelgrosse Software-Firma im B2B-Bereich, in die man investieren konnte und die Entwicklungspotenzial hat. Kein Start-up, sondern eine bereits am Markt etablierte Firma. Mit Consor habe ich genau das gefunden.

Umgekehrt hat auch René Walter [Anmerkung der Redaktion: der Gründer und vormalige Besitzer] mich gesucht und gefunden. Er stellte einen Katalog mit über 30 Kriterien auf. U.a. musste sein Nachfolger Informatik studiert haben, zwischen 40 und 50 jährig sein und bereits eine mittelgrosse Schweizer Software-Firma im B2B-Bereich geführt haben. Zufälligerweise erfüllte ich fast alle dieser Kriterien und wir beide wussten schnell, dass es passt.

Was hat sich bei Consor intern verändert, seit du übernommen hast?

Viel, sehr viel. Consor wurde 1979 gegründet und ich habe 2015 übernommen. Nach 36 Jahren unter der gleichen Führung gab es schon Modernisierungsbedarf.

Wir haben uns in cross-functional Teams neu organisiert und auf Scrum umgestellt. Wir haben das ganze Tooling und den Technologie-Stack erneuert. Wir sind mit unserem Datacenter in die Cloud gegangen und bieten Consor Universal neu auch im SaaS-Modell an.

Auch administrativ hat sich viel verändert. Unsere Zeiterfassung und das CRM wurden erneuert, die Arbeitsverträge wurden neu ausgestellt, die Personaldaten sind mit einem modernen Tool in die Cloud gewandert, wir haben die Security-Prozesse gestärkt und sind ISO 27001 zertifiziert. Die Liste liesse sich fast beliebig weiterführen.

Welche Technologie oder Entwicklung hat dich in den letzten 10 Jahren am meisten überrascht?

Vor zehn Jahren hätte ich nie geglaubt, dass Schweizer und Deutsche Versicherungen bis ins Jahr 2025 ihr Geschäft in die public Cloud verlagern und sogar im Software-as-a-Service Modell beziehen. Dass das irgendwann kommt, war schon lange klar. Dass es aber so schnell geht, hätte ich nicht erwartet.

Ich weiss, dass dir die Digitalisierung sehr am Herzen liegt. Wo steht der Versicherungsmarkt hier deiner Meinung nach?

Die Versicherungen gehörten neben den Banken und Regierungsbehörden zu den ersten, die ihr Geschäft digitalisiert haben – notabene in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Leider konnten viele nicht von dieser First-Mover Position profitieren und sitzen heute immer noch auf ihren Hostsystemen aus dieser Zeit. Diese Altsysteme laufen stabil und sind super schnell. Sie kosten aber auch viel im Unterhalt und sind nicht flexibel. Ein 25-jähriger Berufseinsteiger erwartet von seinen Arbeitsinstrumenten heute eine Web-Oberfläche und keinen schwarz-grünen 25×80-ZeichenBildschirm.

Unter dem Strich hinken viele Versicherer der IT-Entwicklung der letzten 10-20 Jahre hinterher. Natürlich sind sich alle CIOs dieser Situation bewusst und suchen nach kreativen und bezahlbaren Wegen, diesen Digitalisierungs-Gap zu schliessen.

Viele überlegen sich, gewisse Technologien gleich zu überspringen. Statt vom Host auf eine Client-Server-Infrastruktur, wechselt man beispielsweise direkt zu einem SaaS-Anbieter.

Das Versicherungsgeschäft gilt traditionell eher als konservative Branche. Wie gelingt es der Industrieversicherung echte Innovation zu fördern?

Es ist nicht Kernaufgabe einer Versicherung, technologisch innovativ zu sein. Innovation bei Versicherungen entsteht im Rahmen von neuen Versicherungsangeboten für die Kunden. Beispielsweise so genannte parametrische Versicherungen oder eingebettete Versicherungsprodukte wie das neue Angebot, dass die Swisscom zusammen mit Zurich und AXA lanciert hat.

Braucht es dazu nicht auch innovative Technologie?

Natürlich. Gerade im Bereich der technischen Versicherungen gibt es viele Ansätze, die z.B. AI und Internet of Things kombinieren. So kann man beispielsweise Wind-Anlagen mit Sensoren ausstatten und mit den gemessenen Werten und künstlicher Intelligenz Voraussagen darüber machen, ob und wann eine Anlage ausfällt. HDI hat ein entsprechendes Versicherungsprodukt am Start.

Was bedeutet für dich persönlich „digitale Verantwortung“ als CEO?

Der gesamte IT-Sektor trägt diesbezüglich eine besondere Verantwortung. Einerseits bringen digitale Tools und Anwendungen im Alltag und in der Geschäftswelt riesige Vorteile und Effizienzgewinne mit sich. Andererseits muss sichergestellt werden, dass sensitive Daten geschützt bleiben und nicht missbraucht werden. KI verstärkt dies alles – einerseits die grossen Vorteile aber auch die potentiellen Risiken.

Die Diskussion geht natürlich weit über die IT-Branche hinaus und betrifft die Politik und die Gesellschaft insgesamt. Die viel diskutierte digitale Souveränität ist meiner Ansicht nach heute schon eine Illusion. Wir alle sind von grossen Technologiekonzernen abhängig. Man kann zumindest versuchen, die Risiken zu verteilen und nicht alle Eier ins gleiche Körbchen zu legen.

Was treibt dich persönlich an, jeden Tag dein bestes für Consor zu geben?

Für mich ist es nach wie vor spannend, zusammen mit unseren Kunden und mit unserem Team mittels Software immer wieder neue Lösungen auf sich bietende Problemstellungen zu finden.

Ich bin seit 30 Jahren in der Softwarebranche tätig.

Wir sind Getriebene der Technologie und fast etwas süchtig nach neuen Entwicklungen. Wie ein Surfer warten wir auf die nächste Welle und versuchen diese so gut wie möglich zu erwischen.

Welches ist denn die aktuelle Welle, die es zu erwischen gilt?

Aktuell interessieren sich natürlich alle für KI. In der Industrieversicherung sehen wir diesbezüglich noch wenig Lösungen. Wir haben diverse Ideen und wollen Prototypen zusammen mit unseren Kunden umsetzen.

Eine Idee ist zum Beispiel, die unstrukturierten Daten eines Versicherungsantrags einer KI zu füttern und dann darauf konkrete Abfragen zu machen: Wie hoch ist die gewünschte Versicherungssumme, wie hoch ist der gewünschte Selbstbehalt?

Was wünschst du dir für die nächsten 10 Jahre für Consor und die Kunden der Consor?

Ich würde mir echt wünschen, dass Produkte und Prozesse mehr Ende-zu-Ende gedacht und umgesetzt werden. Bei vielen Kunden sehen wir noch manuelle Prozesse mit vielen Medienbrüchen. Es wäre schön, wenn viele Versicherer mit uns die Vision teilen würden, ihren Prozess vom Broker, über die Risikoprüfung, Angebot, Policenerstellung und -änderung bis hin zur Abrechnung der Policen auf eine digitale Plattform zu bringen. Am besten natürlich über alle Sparten der Industrieversicherung hinweg. Dies bringt allen Beteiligten den grössten, nachhaltigen Nutzen.

Ruedi Wipf leitet die Consor bereits seit 2015

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