Krankenkasse, Autoversicherung, Hausratsversicherung – diese Versicherungen sind uns allen aus eigener Erfahrung bekannt. Weniger geläufig sind den meisten Konsumenten spezielle Versicherungen für grosse Unternehmen, die öffentliche Hand oder grosse Veranstaltungen.
Wenn von 1 Million Fahrzeugen jedes Jahr 30’000 in einen Unfall verwickelt sind, kann aus der statistischen Wahrscheinlichkeit das Risiko und damit die benötigte Prämie errechnet werden.
Aber wie versichert man den Bau einer Eisenbahnbrücke? Wie versichert die Rega ihre Fluggeräte und Passagiere? Wie versichert die Art Basel die ausgestellten Kunstwerke gegen Beschädigungen und Diebstahl?
Solche Unternehmens- und Spezialversicherungen zählen stets zu den anspruchsvollsten Bereichen eines Versicherungsunternehmens. Nur wenige Versicherungen in der Schweiz sind überhaupt in der Lage, solche Risiken zu versichern. Dazu gehören grossen Unternehmen wie beispielsweise Helvetia, Zürich Versicherung, AXA oder Mobiliar.
Wie versichert man den Bau des Gotthardbasistunnels?
Der Gotthardbasistunnel wird nur einmal gebaut. Entsprechend fehlen die statistischen Erfahrungswerte: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Unfall im Bereich von 10 Millionen Franken ereignet? Wie hoch für einen Unfall im Bereich von 100 Millionen Franken? Und was ist überhaupt der grösstmögliche denkbare (oder undenkbare) Schaden? Die Risiken für solche Ereignisse lassen sich mittels Versicherungsmathematik nur sehr ungenau berechnen.
Charakteristisch für solche Spezialversicherungen sind hohe Schadenpotenziale bei relativ geringer Eintrittswahrscheinlichkeit sowie kleine Stückzahlen an Policen mit hohen Prämien pro einzelne Police.
Hinzu kommen eine hohe Komplexität des Risikos – beispielsweise bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten des zu versichernden Unternehmens mit Niederlassungen im Ausland – sowie viele individuelle Wünsche der Kunden, die für ihr Spezialrisiko eine massgeschneiderte Lösung erwarten und über ihre Verhandlungsmacht auch einfordern.
Vom Notizblock zur Blockchain
Autoversicherungen und andere Standardprodukte werden heute weitgehend digital abgewickelt. Diverse Softwaresysteme sind spezialisiert darauf, einfache Versicherungen mit hohen Stückzahlen elektronisch zu verarbeiten.
Wie sieht das aber im Bereich der Unternehmens- und Spezialversicherungen aus? Die hohe Komplexität, die Einmaligkeit gewisser Risiken und die gewünschte Individualität führen dazu, dass einige Versicherungen dieses Geschäft bis heute manuell abwickeln. Notizen werden beim Kundenbesuch auf Papier erfasst, Prämienberechnungen werden in Excel-Sheets erstellt und die Police wird in Word geschrieben.
Wie ein Manager einer grossen Schweizer Versicherung es bestätigt hat „Wir haben in der Vergangenheit Angebote und Verträge im Unternehmensgeschäft auf archaischen Softwareprodukten wie MS Word und anderen Textverarbeitungen gemacht.”
„Archaisch“ trifft es sehr gut, weil mit diesen Tools eine durchgehende Digitalisierung der Prozesse mit allen Beteiligten und mit allen Systemen kaum möglich ist.
In der Unternehmensversicherung ist man grösstenteils noch weit weg von Trendthemen wie digitaler Signatur, Blockchain und Machine Learning. Bevor man sich darüber Gedanken macht, sollten zuerst die grundlegenden Prozesse digitalisiert werden.
Wie könnte denn eine zeitgemässe IT-Architektur für die Industrieversicherung aussehen? Die Antworten liegen auf der Hand und ein solches System kann leicht skizziert werden:
- Alle erforderlichen Daten werden strukturiert erfasst – kein Excel & Word mehr.
- Alle Versicherungsprozesse – wie Risikoprüfung, Angebotserstellung, Policierung – laufen durchgängig über die gleiche IT-Plattform.
- Alle involvierten Personen greifen auf diese einheitliche Plattform zu – kein Datenaustausch mehr per E-Mail.
- Externe Systeme wie ein Brokerportal können über eine standardisierte Schnittstelle angebunden werden.
- Nachgelagerte Systeme wie die Schadenbearbeitung oder Einzahlungen- / Auszahlungen werden direkt mit Daten beliefert.
Eine solche einheitliche Plattform kann auf einer hochverfügbaren, sicheren und günstigen Hardware in der Cloud betrieben werden. Basierend auf dieser Underwriting Plattform sind nun diverse Ausbauschritte möglich: So können beliebige Datenquellen – z.B. Wetterdaten, Positionsdaten von Logistikgütern etc. eingebunden werden. Die Weitergabe und Auswertung der Daten kann beispielsweise an Big Data Systeme mit künstlicher Intelligenz erfolgen. Über eine standardisierte Blockchain wie die B3i Plattform können z.B. Rückversicherungsdaten mit anderen Marktteilnehmern ausgetauscht werden.
Der menschliche Faktor im Underwriting
Auch wenn die Unternehmensversicherung in vielen Bereichen digitalisiert und automatisiert werden kann, so wird der menschliche Faktor im Underwriting immer eine wesentliche Rolle spielen.
Auch Consor als Softwarefirma im Bereich Unternehmensversicherung glaubt nicht, dass das Underwriting gänzlich digitalisiert werden kann. Dank Unterstützung durch die richtigen Werkzeuge, wird der Underwriter aber zum Dirigenten der Daten werden.
Letztlich wird immer noch eine Person aus Fleisch und Blut entscheiden, ob ein bestimmtes Risiko angenommen werden soll oder nicht. Eine gute Nachricht, finden wir.